Dieses Interview mit Dr. Sophie Neuhaus haben wir im Rahmen einer Podcast-Folge geführt. Für alle, die lieber lesen als hören, haben wir das Wichtigste rund um das Thema PDA als Mittel zur Schmerzlinderung bei Geburt hier noch einmal zusammengefasst.
Anja & Marie:
Wir besprechen heute ein wichtiges Thema, dass unsere Community auf allen Plattformen sehr beschäftigt: die PDA. Aber stell dich doch bitte erst einmal kurz vor, liebe Sophie.
Dr. Sophie Neuhaus:
Mein Name ist Sophie Neuhaus. Ich bin Fachärztin für Anästhesiologie, arbeite am Universitätsklinikum in Heidelberg und habe mich im Rahmen meiner Facharztausbildung schon sehr intensiv mit dem Thema „geburtshilfliche Anästhesie“ auseinandergesetzt. Ich bin außerdem aktiv im Arbeitskreis der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin tätig und in der Schmerzambulanz unserer Klinik im Einsatz.
Was ist eine PDA?
Anja & Marie:
Was ist denn eine PDA eigentlich ganz allgemein?
Dr. Sophie Neuhaus:
PDA ist die Abkürzung für Periduralanästhesie. Darunter verstehen wir eine rückenmarksnahe Betäubung. Das heißt, es wird ein ganz kleiner, feiner und dünner Schlauch auf Lendenwirbelsäulen-Niveau in den Rücken eingebracht, über den einmalig oder über längere Zeit lokale Schmerzmittel gegeben werden können. Was dann bei vollerhaltenem Bewusstsein zu einer Schmerzreduktion führt. Optimalerweise kann man sich dabei auch nach wie vor noch bewegen und bekommt alles mit, aber hat eine Linderung des Wehenschmerzes.
Ist eine PDA für jede Frau geeignet?
Anja & Marie:
Kann denn jede Frau eine PDA während der Geburt bekommen oder gibt es spezielle Voraussetzungen oder Ausschlusskriterien?
Dr. Sophie Neuhaus:
Es gibt einige absolute und ein paar relative Ausschlusskriterien. Die absoluten Ausschlusskriterien sind z.B. Allergien gegen bestimmte Medikamente, die Einnahme von bestimmten Blutverdünnern oder manche angeborene Gerinnungsstörung. Auch eine lokale Infektion in dem Bereich, in dem die PDA angelegt werden soll, eine Nadelphobie der Mutter oder einfach auch die strikte Ablehnung durch die Frau.
Dann gibt es etwas weichere Kontraindikationen, wie z.B. Herzkreislauferkrankungen oder neurologischen Vorerkrankungen der Mutter. Hier muss man ganz genau im Vorfeld planen, auch mit anderen Fachdisziplinen zusammen, unter welchen Umständen dann eine PDA gelegt und mit welchen Medikamenten gearbeitet werden kann.
Anja & Marie:
Wie ist das bei einer gesunden Frau? Muss diese sich in der Schwangerschaft schon für eine PDA entscheiden oder reicht das auch noch während der Geburt?
Dr. Sophie Neuhaus:
Im Prinzip kann man sich jederzeit dazu entschließen, auch wenn man es vorher vielleicht für sich ausgeschlossen hatte. Wichtig ist, dass man sich trotzdem thematisch im Vorfeld schon mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Denn wir wissen einfach, dass unter einer regelmäßigen Wehentätigkeit die Einschätzung oder Auffassungsgabe der Schwangeren dann nicht mehr ganz so gut ist. Daher bietet es sich wirklich an, bei einer Geburtsplanung mit einem/einer Anästhesist/in ein ausführliches Aufklärungsgespräch zu führen.
Wie wird eine PDA gelegt und tut das weh?
Anja & Marie:
Sag uns doch mal, wie wird eine PDA gelegt und tut sie weh?
Dr. Sophie Neuhaus:
In erster Linie legen wir die PDA in einem etwas entspannten Setting, das heißt am besten in einem ruhigen Kreißsaal. Meistens wird die PDA im Sitzen angelegt, in einer Position in der die Patientin etwas nach vorne übergebeugt ist. Es ist aber auch möglich die PDA in der Seitenlage anzulegen, was für manche Patientinnen bequemer ist.
Ganz wichtig ist es, dass steril gearbeitet wird. Das bedeutet unter anderem, dass der Rücken abgewaschen und desinfiziert wird und es werden ein paar sterile Tücher überklebt. Dann wird eine oberflächliche Hautbetäubung gemacht, das ist eigentlich schon der unangenehmste Teil der ganzen Sache. Es gibt einen kleinen Piks und sobald diese Lokalanästhesie oberflächlich wirkt, ist der Rest auch nur noch als Rütteln oder Druck wahrzunehmen.
Über eine PDA-Nadel wird dann ein kleiner Katheter gelegt, das ist vielleicht als Kribbeln zu spüren oder auch als Druckgefühl. Ist der Katheter gelegt, wird die Nadel selbst wieder gezogen, d.h. es ist nur noch ein kleiner Plastikschlauch im Rücken, der sehr flexibel und super dünn ist. Er hat einen Außendurchmesser von etwa einem Millimeter und ist gut verklebt, so dass er auch bei Bewegung nicht rausrutscht. Man darf sich dann auch im Kreißbett oder im Kreißsaal bewegen.
Anja & Marie:
Welche Risiken gibt es bei der PDA-Anlage und bei der PDA generell?
Aufklärung über Risiken
Dr. Sophie Neuhaus:
Die PDA ist ein tolles und auch ein sicheres Verfahren zur Schmerzlinderung. Dennoch ist es wichtig, dass man vor einer solchen Intervention auch über die möglichen Risiken aufklärt.
Die Hauptrisiken umfassen direkte Wirkungen, die man auch als Patientin spüren kann. Zum Beispiel ist manchmal eine Senkung des Blutdruckes möglich. Deswegen wird schon während der PDA-Anlage die Herzfrequenz der Mutter kontrolliert und auch über ein CTG die Wirkung auf den Kreislauf des Kindes. Das gehört einfach zum Sicherheitsstandard.
Bei einer zu hohen Dosierung kann es zu einer motorischen Blockade kommen. Das wollen wir heutzutage eigentlich nicht mehr haben. Denn die Frauen sollen ja wie gesagt in der Lage sein, umherzugehen. Es soll auch nicht sein, dass z.B. ein Bein einschläft oder generell die PDA stärker wirkt als nötig, so dass man schwerer Luft holen kann. Das passiert nicht oft, aber trotzdem klären wir darüber auf.
Wo eine Nadel zum Einsatz kommt, kann es natürlich auch zu Verletzungen der umgebenden Struktur kommen. Das heißt, es kann zu oberflächlichen Blutergüssen an der Haut kommen. Diese sind aber unbedenklich. Rein theoretisch können Blutergüsse aber auch im Wirbelkanal entstehen, die sich entzünden oder zu einer Störung des Nervensystems führen können. Das Risiko dafür ist minimal, aber wir müssen auch über jedes noch so kleine Risiko aufklären.
Wichtige Anmerkung: Die Liste der Risiken und Nebenwirkungen kann an dieser Stelle nicht vollständig dargestellt werden. Für weitere Infos höre dir gerne die Podcast-Folge an. Für vollumfängliche Informationen empfehlen wir auf jeden Fall ein ärztliches Aufklärungsgespräch.
Anja & Marie:
Ja, Aufklärung ist einfach wichtig. Das alles ist ja für Laien wirklich schwierig einzuschätzen. Umso wichtiger ist es, sich schon in der Schwangerschaft mit dem Thema Schmerzmittel schon zu beschäftigen.
Dr. Sophie Neuhaus:
Genau. Man hört ja vielleicht auch Erfahrungsberichte von anderen Frauen und wie eine PDA auch ganz allgemein bewertet wird, ob man sich dafür oder dagegen entscheidet, usw. Man muss sich klar machen, dass auch jeder Mensch Schmerzen anders empfindet und unterschiedlich reagiert.
Wie lange wirkt eine PDA?
Anja & Marie:
Tatsächlich ist ja auch nicht alles von vornherein planbar. Es gibt manchmal auch Geburtsverläufe, wo es einfach indiziert ist, weil z.B. das Kind sich falsch in den Geburtskanal eingestellt hat und man viel aktiver werden muss als man das vielleicht geplant hatte. Das kann einen ganz schön überrumpeln. Eine gute Vorbereitung, wenn man sich einfach mal mit dem Thema beschäftigt hat, hilft da oft schon.
Abschließend noch die Frage: Wie lange wirkt eine PDA?
Dr. Sophie Neuhaus:
Früher war es so, dass man in gewissen Abständen eine Spritze über diesen Katheter gegeben hat, die dann irgendwann wieder nachgelassen hat, und dann kam die nächste Spritze. Mittlerweile hat man die Technik verfeinert: Mithilfe einer Pumpe kann eine gleichmäßige Zufuhr von Medikamenten gegeben werden, so dass die Schmerzen weiterhin gelindert sind, ohne dass sich zu viel Medikament „anhäuft“.
Anja & Marie:
Was passiert nach der Geburt? Wann wird der Schlauch entfernt und tut das weh?
Dr. Sophie Neuhaus:
Also rein theoretisch kann der kleine Schlauch dann noch liegen bleiben, um auch nach der Geburt noch für eine Schmerzlinderung zu sorgen. Aber meistens ist es so, dass spätestens bei Verlegung aus dem Kreißsaal der Katheter gezogen wird. Das klingt schrecklicher als es tatsächlich ist, muss man sagen. Das Schmerzhafteste an diesem Prozess ist vermutlich die Entfernung des Pflasters von der Haut. Der eigentliche Zug dieses Katheters ist vielleicht mal als Bitzeln zu spüren, aber verursacht keine Schmerzen.
Anja & Marie:
Vielen Dank, liebe Sophie, für das spannende Gespräch.
Wenn ihr noch mehr Details erfahren wollt, hört gerne mal in die Podcast-Folge rein: „Ein Piks und Schmerzen weg? – Eine PDA während der Geburt“ mit Dr. Sophie Neuhaus
ABOUT

Wir sind Anja & Marie, zwei Hebammen aus Leidenschaft.
In Deutschland herrscht derzeit ein großer Mangel an Hebammen. Dieses Problem bekommen wir nahezu täglich in unserer Arbeit zu spüren. Viele Familien fühlen sich gerade in dieser besonderen Zeit mit ihren Fragen rund um die Schwangerschaft, das Wochenbett und ihrem Kind allein gelassen.
Daher haben wir uns entschieden, dir bei all deinen Problemen unterstützend mit unserem Blog zur Seite zu stehen, damit du alles nachlesen und loswerden kannst, was dich und dein Kind betrifft.
Viel Spaß beim Lesen!
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